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To-do-Liste fürs Leben

Kolumne aus der Inselspitalseelsorge

Die vielen Aufgaben, die täglich anstehen oder bis zum Datum x erledigt sein müssen, erzeugen Stress. Das Niederschreiben auf ein Blatt Papier soll diesen verringern. Das Abhaken der erledigten Posten auf der Liste ist stets ein kleines Erfolgserlebnis. Aber, wenn mich die Liste mit ihrer Länge erschlägt? Wenn ein Punkt, der gestrichen wurde, gleich wieder darauf muss, weil er eben periodisch wiederkehrt? Und dann all die Dinge, wie z. B. «einen Artikel schreiben», die ich auf der Liste vergessen habe zu notieren. Lieber gar keine Liste führen?

Einen für mich bezaubernden Gedanken beschreiben die Autoren R. Tschäppeler und M. Krogerus. Angesichts überladener To-do-Listen schlagen sie vor, auf diese auch «Zeitfenster für unnötiges Herumtrödeln» zu setzen. So ist «Nichts-Gescheites-Tun» eben auch ein Punkt, der zählt. Etwas wie das Anschauen von albernen Katzenvideos lenkt nicht vom Eigentlichen ab, sondern darf, ja muss getan werden.Einen neuen Blick verdanke ich einer älteren Patientin, die für längere Zeit im Spital lag. In einem unserer Gespräche kam sie auf ihre To-do-Liste zu sprechen. Auf dieser waren all die Dinge vermerkt, welche sie in ihrem Leben noch gern machen wollte. Sie sprühte vor Energie, wenn sie von diesen Wünschen sprach. Ihre To-do-Listen waren eigentlich Wunschlisten für ihre verbleibende Lebenszeit. Sie motivierten sie, den langen Krankheitsverlauf durchzuhalten. Nicht immer natürlich, aber in der Summe schon.

Neulich sass ich über meiner To-do-Liste, da kam mir diese Patientin in den Sinn. Was, wenn ich meine lästige Auflistung zu einer Wunschliste machen würde. Was, wenn darauf nur Dinge stehen, die ich machen möchte und auf die ich mich freue? Als Erstes habe ich dann einige Punkte gestrichen. Andere wie «Steuererklärung machen» bleiben. Nicht, weil sie Spass machen, aber sie nicht zu machen, wäre definitiv weniger lustig. Entscheidend ist, dass die Liste nun eines der Dinge ist, die ich machen will, und nicht eines, das ich abarbeiten muss. Das gelingt mir natürlich nicht immer, aber immer öfter.

Monika Mandt, Seelsorgerin im Inselspital

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