Astrophysiker Urs Scheifele empfindet beim Blick in den Sternenhimmel «Ehrfurcht vor der Schönheit des Weltalls». Foto: Vera Rüttimann

Was ein Astrophysiker über den Stern von Bethlehem sagt

Urs Scheifele über Himmelskörper und grosse Fragen

Was ist der Stern von Bethlehem? Kann man Gott im All finden? Im Leben des Astrophysikers Urs Scheifele dreht sich vieles um Himmelsgestirne und grosse Fragen.

Von Vera Rüttimann

Es verschlägt einem den Atem, wenn man unter der riesigen Kuppel der Sternwarte Urania in Zürich sitzt. Ihr Dach ist geöffnet. Urs Scheifele sitzt auf einem erhöhten Podest. Wenn es eindunkelt, kann er von dort durch ein riesiges Teleskop ins Weltall blicken. Die Himmelskörper kann er bis zu 600-fach vergrössert sehen. Sterne, Planeten und kosmische Nebel – all dies hat der Astrophysiker in der 1907 eröffneten Sternwarte schon gesehen. Er sagt: «Der Blick ins Universum ist wunderschön und macht ehrfürchtig.»

Die Schönheit des Weltalls

Urs Scheifele hat sich schon als Kind für Sterne interessiert: «Es war die Zeit der Mondlandung. Und im Verkehrshaus Luzern hat das bisher einzige grosse Kuppelplanetarium der Schweiz eröffnet», erzählt er, während sein Blick über Zürichs Häusermeer geht.
Was empfindet er, wenn er durch das lange Rohr ins Universum schaut? «Bei klarem Himmel eine Ehrfurcht vor der Schönheit und den Weiten des Weltalls. Manchmal aber auch Ärger, weil durch die Lichtverschmutzung in unseren Gegenden der Sternenhimmel oft kaum sichtbar ist», sagt er in der Zürcher Urania-Sternwarte.

Gott im All?

An diesem Freitag, just am 24. Dezember, soll das neue James-Webb-Weltraumteleskop ins All starten, sagt Urs Scheifele. Das Ziel der Wissenschaft lautet, dem Urknall näher zu kommen.
Kann man Gott im All finden? «Nein, suchen und finden kann man ihn dort nicht», soUrs Scheifele. «Leute, die das tun, werden enttäuscht sein oder bemerken oft etwas hämisch, dass sie Gott auch mit den grössten Teleskopen nicht gesehen hätten.» Die Wirkung eines Schöpfers zeige sich für ihn «überall in der Natur und im Lebendigen».

Kirche nein, Religion ja

Urs Scheifele bezeichnet sich als Wissenschaftler, der zur Kirche keinen Bezug habe, zu Religion jedoch schon. Seinen persönlichen Glauben beschreibt er so: «Ich glaube an einen Gott und eine geistige Welt, die uns mit physikalischen Instrumenten nicht zugänglich ist.»

Der Zürcher ist reformiert aufgewachsen. Was war los am Himmel zu Christi Geburt? «Schon als Kind hat mich dieser Stern fasziniert und ich habe mich gefragt, was wohl dahintersteckt», sagt Urs Scheifele. Er ist überzeugt, dass die Geburt Jesu wirklich stattgefunden hat. Dazu gehört auch der grosse Stern am Himmel. 1994 hiess sein erstes Planetariums-Programm: «Der Stern von Bethlehem».

Auffällige Konstellation am Himmel

Seitdem gibt er immer wieder Vorführungen für ein religiöses Publikum. Zum Beispiel in der Rotonda neben der Dreifaltigkeitskirche in Bern. «Dass dieser Stern kein Stern im eigentlichen Sinne gewesen sein muss, geht aus dem griechischen Text hervor», sagt er den dort Versammelten. Auch geht der Astrophysiker nicht von einem Kometen aus: «Gott lässt keinen Unheilsboten die Geburt Jesu ankünden.» Eine weitere Theorie, die einer Supernova, findet er nicht schlüssig: «Die Reste einer solchen Sternen-Detonation aus dieser Zeit müsste man heute sehen können», sagt er dem Publikum in Bern. Es schaut wie gebannt auf eine riesige Leinwand, wo die Sterne im Zeitraffer durch die Zeiten rasen.

Urs Scheifele hält folgende Theorie für am plausibelsten: eine dreifache Konjunktion von Jupiter und Saturn. Im Jahr sieben vor Christus bewegten sich zwei riesige Planeten von der Erde aus gesehen nah aneinander vorbei. «Sie blieben scheinbar am Himmel stehen und erzeugten eine für Sternkundige auffällige Konstellation am Himmel, was gut zu den Beschreibungen im Matthäus-Evangelium passt», sagt der Astrophysiker.

Singen unter dem Stern

Urs Scheifele schaut in diesen klaren und kalten Wintertagen besonders gerne durch das Weltraumteleskop. Venus, Uranus, Jupiter und Neptun. Alle sind sie da. Gegen Ende des Jahres taucht Merkur noch auf.

Überhaupt ist am Himmel so einiges los: Die beiden Planeten Jupiter und Saturn standen Ende des letzten Jahres wieder besonders nahe zusammen. «Ähnlich wie zu Zeiten von Christi Geburt, aber nur in einer einfachen Konjunktion», betont Urs Scheifele. In diesem Advent sei zudem der Komet «Leonard» an der Erde vorbeigezogen.

An Weihnachten selbst sag Urs Scheifele in einem Chor in der Dreifaltigkeitskirche in Bern. Direkt unter einem leuchtenden Stern. (kath.ch)

Urs Scheifele war vor kurzem  mit seinem mobilen Planetarium auch in der Rotonda der Pfarrei Dreifaltigkeit zu Gast.

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