Dienste in der Kirche sollen nicht nach Geschlecht, sondern nach Charisma verteilt werden, findet Nicolas Betticher. Foto: Pia Neuenschwander

«Wenn Frauen mitreden, wird es seriöser»

Nicolas Betticher, Pfarrer von Bruder Klaus Bern, regt Reformen an

Nicolas Betticher, Pfarrer von Bruder Klaus Bern, plädiert im Interview in der aktuellen «NZZ am Sonntag» für ein anderes Amts- und Priesterverständnis in der katholischen Kirche. Die Aufgaben sollen aufgeteilt werden, die Kirche müsse sich für die «Charismen» der Frauen öffnen. Vorbild ist für ihn die Kirche bis ins 13. Jahrhunderts. 

Unlängst machte Nicolas Betticher Schlagzeilen mit seinem Buch «Trotz allem». Darin entfaltet er ein neues Modell für die Ämterverteilung in der katholischen Kirche und insbesondere für die Rolle der Frau darin. 

Immer wieder betont Nicolas Betticher, es könne nicht gut sein, wenn der Bischof gleichzeitig «der oberste Richter, der oberste Personalchef, der erste Stratege und der spirituelle Vater sei». Das mache die Bischöfe kaputt. In «abgemilderter Form» auch die Priester.

Verteilung der Aufgaben

Im Interview mit der NZZaS sagt er nun, das Amt des geweihten Priesters soll auf geeignete Laien verteilt werden: «Wer das Charisma hat, gut zu predigen, soll predigen. Wer das Charisma hat, gut zu lehren, soll lehren. Aber nicht als Delegierte des Priesters, sondern in eigener Regie mit dem Mandat des Bischofs. Wenn eine Laientheologin im Spital einen Kranken bis am Schluss begleitet, soll sie ihm auch das Sakrament der Krankensalbung spenden können.» 

Es sei doch sinnlos, so Betticher im Interview, wenn ein Laie bei einer Taufe die Familie begleite, um sich dann zurückziehen zu müssen, weil dann «ein Priester per Fallschirm» komme, um zu taufen und wieder zu verschwinden.

Die Lösung für die Probleme, erklärt er, liege in der «Schatztruhe unserer Kirche. Bis ins 13. Jahrhundert waren die Dienste offenbar gesplittet: «Eine Pfarrei hat etwa jene Leute ausgesucht, die gut führen konnten – und sie zum Hirten geweiht. Oder man sagte: Aha, diese Frau geht gut mit den Kranken im Dorf um. Also wurde sie geweiht zur Diakonin. Und auch: Dieser Mann heiligt gut, er versteht es, die Beichte abzunehmen – er wird zur Heiligung geweiht.»

«Nicht das Geschlecht zählt»

Natürlich gebe es Frauen, «die heiligen können. Die ebenso gut im Beichtstuhl zuhören können wie ein Mann. Nicht das Geschlecht, das Charisma zählt. Wenn mir eine Frau heute sagt, ich bin berufen zum Priesteramt – wer bin ich, dass ich sagen kann, das stimmt nicht», ist Nicolas Betticher überzeugt.

Für ihn ist klar, dass in gemischten Teams die Atmosphäre «ausgeglichener, seriöser» ist: «Mein Gott – sobald Frauen mitreden und mitentscheiden, ist es doch viel gesünder! Eine Frau denkt anders als ein Mann. Gemeinsam denken sie richtig.» 

Den synodalen Weg übrigens sieht Nicolas Betticher durchaus kritisch. Zur Frauenfrage werde sich da nichts ändern. (kr)


Hier geht es zum vollständigen Interview: NZZ am Sonntag, 25. September 2021: «Wenn mir eine Frau sagt, ich bin berufen zum Priesteramt – wer bin ich, dass ich sagen kann, das stimmt nicht?»
 

 

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