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Wie konnte das nur passieren?

Kolumne aus der Inselspitalseelsorge

Frau D. rief in letzter Minute die Ambulanz zu sich nach Hause. Es sei sehr knapp gewesen, erzählte sie mir unter Tränen; sehr knapp. Zwei Tage später wäre es für sie zu spät gewesen, habe man ihr auf dem Notfall von ärztlicher Seite gesagt. Sie habe eine schwere Blutvergiftung entwickelt und es nicht gemerkt.

Wie konnte das nur passieren, flüsterte sie leise immer wieder vor sich hin und schüttelte dabei unentwegt den Kopf. Dann erzählte sie mir von ihrem Leben, wie sie 30 Jahre in einer Möbelfirma arbeitete, dann ihren Beruf aufgab, um ihre Eltern zu pflegen, wie ihr Partner sich das Leben nahm und wie sie immer wieder versuchte, ihr Leben zu leben, in all seinen Höhen und Tiefen.

Auf die Frage, wie sie das all die Jahre geschafft habe ihr Leben so zu meistern, erklärte sie mir ohne zu zögern und sehr bewusst: «ich habe in Gedanken meine Wanderschuhe aus der Kindheit angezogen und eine Bergtour gemacht». Das habe sie sich so lebendig in ihren Gedanken vorgestellt, dass sie sogar die Bergluft riechen konnte, die Vögel zwitschern hörte und die Berglandschaft in seiner Farbenvielfalt im Geiste vor sich erblickte. Glücksgefühle hätte sie dann dabei gehabt und frei hätte sie sich gefühlt und sei eins mit sich und der Welt gewesen.

«Oha», platzte es urplötzlich aus ihr heraus: «das könne ich ja jetzt wieder tun» und ein Lächeln huschte ihr dabei über das Gesicht…  

Isabella Skuljan

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