Dem Berner Kantonalverband des Katholischen Frauenbunds (KFB) fehlt es an Vorstandsmitgliedern. Damit Frauen sich in der katholischen Kirche heimisch fühlen können, braucht es den Verband weiterhin, ist die abtretende Co-Präsidentin Michaela Schade überzeugt.
Interview: Sylvia Stam
«pfarrblatt»: Sie waren sechs Jahre Co-Präsidentin des KFB. Braucht es den KFB weiterhin?
Michaela Schade Rubi: Das Frauennetzwerk des Kantonalverbands braucht es ganz klar. Sonst ziehen sich Frauen vor Ort zurück, weil sie in der Amtskirche keine Heimat finden. Weil ihr Katholisch-Sein dort nicht reinpasst. Jetzt wissen sie, dass sie Teil eines grossen Netzwerks sind. Deshalb lautet die Frage, die sich auch der Vorstand stellt: Braucht es den KFB weiter in dieser Form? (siehe Kasten)
Warum ist das Netzwerk für katholische Frauen so wichtig?
Es gibt viele Frauen, die durch die kirchlichen Strukturen oder das Kirchenrecht verletzt werden. Vor Jahren erzählte eine Frau: «Seit mir der Pfarrer die Kommunion verweigert hat, weil ich geschieden bin und mein Ex-Mann wiederverheiratet, gehe ich nicht mehr in die Kirche.»
Wie kann ein Frauennetzwerk in so einem konkreten Fall stärken?
Indem wir so eine Frau einladen und sagen: «Komm zur Maiandacht, komm zur Elisabethenfeier, komm an den Bildungs- und Besinnungstag.» Aber auch, indem man diesen Frauen Zeit schenkt und ihnen zuhört. Und wenn sie dann an einen Anlass kommen, treffen sie Frauen mit einer ähnlichen Geschichte. Gemeinsam entwickeln sie einen gewissen Mut und sagen vielleicht: «Ich gehe jetzt nochmals hin. Oder gehen wir zusammen?»
Wie katholisch ist denn der KFB?
Er ist sehr katholisch, aber in der ursprünglichen Wortbedeutung von der allumfassenden Gastfreundschaft. Wenn bei uns eine Frau mitmachen möchte, fragen wir sie nicht, ob sie katholisch ist. Es genügt uns, wenn sie sagt: «Ich finde das toll, ich möchte da mitmachen.» Sie ist mit all ihren Fragezeichen, mit ihrem ganzen Rucksack willkommen, egal ob sie zweimal geschieden oder lesbisch ist. So geben wir suchenden Frauen eine Heimat.
Aber Sie feiern auch gemeinsam Mai-Andachten, etwas sehr Katholisches.
In unseren Mai-Andachten haben wir regelmässig reformierte Frauen zu Gast, die es einfach schön finden, an so einem Frauenritual teilzunehmen.
Wie sieht denn so eine Mai-Andacht aus? Ich verbinde das mit Marienverehrung, allenfalls auch mit dem Rosenkranz.
Ganz unterschiedlich, je nach Region. Im Oberland gibt es Maiandachten mit Gemeindeleiter Jure Ljubic, weil die Frauen möchten, dass er ihnen die Kommunion austeilt. Er ist dann für den liturgischen Teil zuständig, ansonsten lässt er die Frauen selber machen. Die Thuner Frauen gestalten selber eine Agapefeier. In Spiez feiert Gemeindeleiterin Gabriele Berz mit, ohne die Andacht zu leiten.
Spiritualität spielt demnach eine wichtige Rolle im KFB.
Den Berner Frauen ist Spiritualität wichtig, allerdings eine Frauenspiritualität. Das entspricht nicht immer dem, was sie in der Messe erleben, wo der Priester vorne steht und jahrhundertealte Rituale vollzieht. Sondern sie suchen eine Form des Feierns, die den Frauen Antworten auf ihre Fragen gibt. Die sie stärkt und die sagt: «Ihr dürft zu eurem Frau-Sein stehen, ihr dürft zu eurer Spiritualität stehen, wir sind katholisch.»
Sie möchten das K im Namen gern behalten, doch seine Bedeutung im oben geschilderten Sinn verändern. Wie realistisch ist das?
«I have a dream» hat doch mal einer gesagt (lacht). Der Glaube versetzt ja bekanntlich Berge. Ich stehe auch zu meiner Wurzel. Ich bin mit sehr engen, strengen, katholischen Traditionen aufgewachsen. Und ich bin sehr glücklich, dass ich hier im Kanton Bern das Katholisch neu kennenlernen durfte, durch die Frauen und durch die Diaspora-Situation.
Wie geht es für Sie selber weiter? Engagieren Sie sich weiter für die Berner Frauenbande?
Im Regio Verein Katholische Frauen Bern Oberland engagiere ich mich weiter und bleibe für den Kantonalverband auch Ansprechperson für diese Region. Doch für mich ist der Lebensabschnitt «Vorstandarbeit im Kantonalverband» nun abgeschlossen. Wir sind uns bewusst, dass wir in Zukunft stärker auf digitale Formate setzen müssen. Ich bin jedoch nicht die Zoom-Frau, sondern die, die vor Ort am Tisch zusammensitzt. Deshalb habe ich auch keinen Antrag auf Amtszeitverlängerung gestellt, sondern sage: Es ist gut so.
Wie weiter mit dem KFB?
Michaela Schade Rubi wirkt seit 2012 im Kantonalvorstand des KFB mit. Seit 2018 als Co-Präsidentin, zusammen mit Elisabeth Waag, die seit 2013 Vorstandsfrau ist. Bislang hat sich für Schade keine Nachfolge gefunden. An der Jahresversammlung im April wird daher eine ausserordentliche Leitung durch ein Dreierteam beantragt. Sollte sich bis 2025 niemand für den Vorstand finden, steht die Auflösung des Verbandes zur Diskussion. Dies nicht mangels Mitgliedern vor Ort, sondern mangels Vorstandsmitgliedern. Geprüft wird ebenfalls eine Verlagerung eines Teils der Vorstandsarbeit zu einer Geschäftsstelle. Eine Fusion mit reformierten Frauenorganisationen ist aufgrund anderer Strukturen und Finanzierungsmodelle schwierig.
Zuwenig Frauen für den Vorstand?
Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerische Katholischen Frauenbunds, kennt Alternativen: «Es gibt Ortsvereine, die verschiedene Projekte wie Ludotheken oder Besuchsdienste führen, die je eine Vertreterin im Vorstand haben. Die gewählten Ämter wie Präsidium, Aktuariat, Finanzen oder Kommunikation werden aber von Mitarbeiterinnen der Kirchgemeinde übernommen, z.B. von der Pfarreisekretärin. Die diakonische Mitarbeiterin begleitet die Frauen im Vorstand. Kirchgemeinden müssen sich fragen: «Was ist uns das ehrenamtliche Engagement der Frauen wert?»»