Als Schweizer Umweltbotschafter gehörte es zu
Franz Perrez’ wichtigsten Aufgaben, Allianzen mit
ähnlich gesinnten Ländern zu schmieden. Foto: Pia Neuenschwander

«Wir können das Klimaproblem nur gemeinsam lösen»

Franz Perrez war Umweltbotschafter der Schweiz

Während 13 Jahren war Franz Perrez als Umweltbotschafter der Schweiz ihr oberster Anwalt in Sachen Nachhaltigkeit. Während dieser Zeit vertrat er das Land bei entscheidenden internationalen Verhandlungen wie dem Pariser Klimaabkommen. Im Gespräch mit ihm zeigt sich, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine Sache der Umwelt, sondern auch der sozialen Einbettung ist.

von Christian Geltinger

Seine Sommerferien hat Franz Perrez mit seiner Familie in Schottland verbracht. Natürlich reiste man mit der Bahn: «Als unsere Kinder noch klein waren, haben sie sich schon gelegentlich beschwert, warum wir nie mit dem Flugzeug in den Urlaub gehen. Heute schimpfen sie, wenn ich beruflich zu viel mit dem Flieger unterwegs bin.»

Es sei wichtig, dass jeder in seinem Bereich darauf achte, wo er seinen ökologischen Fussabdruck minimieren könne. Und der Fussabdruck des Fliegens ist sehr gross. Gleichzeitig müsse man aber auch vorsichtig sein, dass man die Debatte nicht ideologisch führe: «Reisen erweitert den Horizont. Es ist ein Unterschied, ob ich für Badeferien nach Mallorca fliege – dafür kann ich auch mit dem Zug nach Italien oder Frankreich fahren – oder für eine längere Studienreise nach Ägypten.»

Und wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich ökologisch da? Die Schweiz könne immer noch besser werden, meint Perrez selbstkritisch. «Wir bewegen uns im oberen Mittelfeld. Klar ist aber, dass die Schweiz das Klimaproblem nicht allein lösen kann.» Daher gehöre es zu seinen wichtigsten Aufgaben, Allianzen zu schmieden, etwa mit kleinen Inselstaaten oder den ärmsten Ländern, die ähnliche Interessen hätten.

Klimaschutz wollen nicht alle

Perrez, der in seinem religiösen Denken vom Befreiungstheologen Leonardo Boff beeinflusst wurde, erklärt, dass der Begriff «Entwicklungsländer» im Klimakontext missverständlich sei. «Zur Gruppe der sogenannten ökologischen Entwicklungsländer zählen Länder wie China, Südkorea oder Saudi-Arabien, die zu den weltweit grössten Emittenten gehören. Es besteht die Gefahr, dass sich diese Länder durch Berufung auf ihren Status des Entwicklungslandes aus der Pflicht nehmen.

Der wirkliche Gegensatz besteht zwischen den Ländern, die einen Klimaschutz wollen, und jenen, die sich dagegen wehren.» Hier zeigt sich der Verhandler Perrez: Im Interesse der Schweiz setzte er sich für einen wirksamen globalen Klimaschutz ein, der vor allem auch die Länder mit den meisten Emissionen einbindet.

Als gläubiger Katholik hat der ehemalige Umweltbotschafter mit Interesse die Enzyklika «Laudato sì» gelesen. Eindrücklich war für ihn auch ein Treffen im Vatikan, an dem Strategien für die Klimaverhandlungen diskutiert wurden. Kurzum: Das Thema «Nachhaltigkeit» hat Franz Perrez zeit seines Lebens begleitet, lange bevor man diese Bezeichnung dafür gefunden hat. Und wenn er in seinem Büro über den Dächern von Bern mit Verve über Umwelt- und Klimafragen spricht, wird einem bewusst, wie wenig man über das Thema tatsächlich weiss.

 

Franz Perrez ist seit 1. Juli 2023 Direktor der Direktion für Völkerrecht im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Davor war der gebürtige Berner seit 2010 Umweltbotschafter der Schweiz. Der ständige Wechsel in einer diplomatischen Karriere ist nicht seine Sache. Darin zeigt sich eine gewisse «stabilitas loci», eine Bindung an einen Ort, die auf die benediktinische Ordensregel zurückgeht. Der Katholik und Grossneffe eines Jesuiten lebt mit seiner Familie in Bern und gehört zur Pfarrei St. Marien.

 

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