Das Parlament der röm.-kath. Landeskirche des Kantons Bern wurde ursprünglich vom damaligen Bischof Anton Hänggi angeregt. Foto: Festakt in Bern. kr

Wo Milch und Honig fliessen

Festakt zum 40-Jahre-Jubiläum des Landeskirchenparlaments.

Die röm.-kath. Kirche im Kanton Bern hat ein demokratisch gewähltes Parlament. Dessen erste Sitzung fand am 12. Juni vor 40 Jahren statt. Im Rathaus in Bern und an einem Festakt wurde daran erinnert.

Von Andreas Krummenacher

Die Zeiten ändern sich und oft zum Guten. Am gestrigen Festakt zum Parlaments-Jubiläum der röm.-kath. Landeskirche im Kanton Bern nahm Martin Schlup (SVP), der neue Präsident des bernischen Grossen Rates teil.

Bemerkenswert ist das, weil die Anerkennung der röm.-kath. Kirche im Kanton Bern ein langwieriger und steiniger Weg war. Man tat sich schwer mit den Katholik:innen im Staat Bern und die Kahtolik:innen taten sich schwer mit den kantonalbernischen Vorgaben. Die Anerkennung erfolgte dann vor knapp 130 Jahren. Die Bistumsgrenzen waren da noch längst nicht gefestigt. Der zuständige Bischof von Basel wurde von der Berner Kantonsregierung erst 30 Jahre später anerkannt.

Organisiert war man zu Beginn beispielsweise in der röm.-kath. Kirchenkommission oder im Kirchgemeindeverband. Der Wunsch aber, es den Reformierten und Christkatholik:innen gleichzutun, war stark. Am 12. Juni 1982 schliesslich trat das Kirchenparlament, die Synode, zum ersten Mal zusammen. Nun gab es auch als organisatorische Einheit die röm.-kath. Landeskirche im Kanton Bern mit dem obersten Gremium des Synodalrats. Jetzt erst war man vollständig den beiden anderen Konfessionen gleichgestellt.

Die Bezeichnungen ändern sich. Aus der Synode wurde das Landeskirchenparlament, der Rat heisst heute Landeskirchenrat. Das reformierte Landeskirchentum scheint noch immer nicht recht zur katholischen Kirche zu passen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Sitzung des Parlaments

Am Mittag tagte im Rathaus das Parlament der röm.-kath. Landeskirche in einer ordentlichen Sitzung. Die Mittel sind reichlich vorhanden. Bei einem Aufwand von knapp 17 Millionen Franken und einem Ertrag von etwas über 18,6 Millionen resultiert ein Plus von fast 1,7 Millionen Franken. Budgetiert war ein Bruchteil davon. Der Grund liegt in nicht besetzen Seelsorge- und Leitungsstellen. Der Personalmangel ist gross.


Neu soll es ein Kompetenzzentrum für Kommunikation geben. Den Kirchgemeinden und Pfarreien werden Lösungen zu all ihren digitalen Wünschen angeboten. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Gesamtkirchgemeinde Bern vorangetrieben. 800'000 Franken soll es pro Jahr kosten. Die Parlamentarier:innen stimmten einstimmig dafür. Details zu allen Geschäften erfahren Sie hier in der Medienmitteilung.

Der Zwischenhalt

Jubiläen bieten Gelegenheit, anzuhalten, sich zu besinnen, zurückzuschauen und nach vorne zu planen. Nach der Sitzung des Parlaments gab es in der christkatholischen Kirche einen besinnlichen Zwischenhalt. Der Kanton Bern gehört zum Bistum Basel, dessen Bischof heisst Felix Gmür. Vor Ort in Bern wird der Bischof von seinem Stellvertreter Georges Schwickerath und der Regionalverantwortlichen Edith Rey Kühntopf vertreten. Sie sprach im Gottesdienst davon, bei einem solchen Zwischenhalt könnten wir uns vergewissern, was uns trage, worin wir verwurzelt seien aber auch was begeistere und in die Zukunft weise.

Georges Schwickerath nahm diesen Ball auf. Je älter der Baum, desto tiefer seien die Wurzeln. Würden sich die Wurzeln nur an der Oberfläche ausbreiten, hätte der Baum keinen Halt; beim ersten kräftigen Windstoss würde er entwurzelt. So sei das auch bei den Menschen und bei Organisationen. Die Landeskirche werde von der Orientierung an Werten, an Gerechtigkeit und Frieden getragen. Als Organisation gedeihe sie nur, wenn sie gerechte Strukturen gestalte, die Menschen einbeziehe, insbesondere jene an den Rändern der Gesellschaft.


Der Festakt

Eines der Highlights am Festakt im Empire-Saal im Äusseren Stand in Bern war mit Sicherheit der Auftritt der Spoken-Words Truppe «Bern ist überall». Jedenfalls sorgten ihre Geschichten über fehlgeschlagene Kremierungen, Vegetarismus und Realpräsenz Jesu für grosse Lacher.

Den Redemarathon eröffnete der Präsident des Landeskirchenparlaments Michel Conus. Er erinnerte daran, dass es der damalige Bischof Anton Hänggi war, der bereits 1969 den Wunsch nach einer Synode äusserte. Andere Kantone hatten nämlich bereits Landeskirchen geschaffen. Offenbar war die Änderung der Kirchenverfassung unter anderem an den Status des Kantons Jura geknüpft. Mit dessen Schaffung 1978 sei der Weg frei gewesen.

Der erste Synodepräsident war Hellmuth Gallati aus Münsingen. Er blieb es knapp 20 Jahre lang. In seiner Eröffnungsrede habe dieser betont, dass die Zeit der «Kirchturmpolitik» vorbei sei. Er erwartete von allen eine Öffnung, um sich gemeinsam den Problemen zu stellen. Dieser Ausspruch habe nichts an Aktualität verloren, so Michel Conus.

Für die Präsidentin des Landeskirchenrates Marie-Louise Beyeler war es ein Tag der Freude. Man sei in der Landeskirche inzwischen eingespielt, an Erfahrung und Know-How reicher. Man habe in der vielfältigen Kirchenlandschaft den Platz gefunden. Die katholische Kirche im Kanton Bern habe mit der Organisation Landeskirche auch eine «demokratische, gleichberechtigte, zeitgemässe Struktur».

Die Mitarbeit stehe allen Frauen und Männern offen; durch die Tätigkeit in den Kirchgemeinderäten, im Landeskirchenparlement und im Rat, in Kommissionen, Verbänden und Vereinen werde kirchliches Leben ermöglicht. Das geschehe stets in Zusammenarbeit mit den Theolog:innen, den Seelsorgenden in den Pfarreien. Die Strukturen seien bisweilen kompliziert. Aber man könne in dieser Arbeit «nimmermüde einüben», was uns die frohe Botschaft Jesu Christi vorgebe: «Miteinander gut sein, aufeinander hören, Rücksicht nehmen, Anstrengungen auf sich nehmen, gemeinsam auf ein Ziel ausgerichtet sein.»


David Leutwyler, der Vertreter des Kantons, insbesondere von Kirchendirektorin und Regierungsrätin Evi Allemann, betonte, die Zusammenarbeit mit den Kirchen sei stets offen und angenehm. Vor 40 Jahren waren Atomwaffen offenbar ebenfalls ein grosses Thema. Können Waffen Frieden schaffen? Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Weltanschauungen und Religionen sei eine Errungenschaft, die aktiv gepflegt werden müsse, so Leutwyler. Der Kanton Bern verfolge darum eine «zeitgemässe Religionspolitik, welche sowohl der Religionsvielfalt als auch der gesamtgesellschaftlichen Leistungen der Landeskirchen Rechnung trägt».

1982 habe die katholische Kirche mit der Schaffung neuer Strukturen, mit der neuen Kirchenverfassung auf veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse reagiert. Heute gäbe es andere Herausforderungen. Der Anteil der Menschen ohne Religionszugehörigkeit betrage in der Schweiz 21 Prozente. 12 Prozent der Berner:innen würden einer rechtlich nicht anerkannten Religionsgemeinschaft angehören. Der Kanton sei darum den Landeskirchen dankbar, wenn diese Themen gemeinsam angegangen werden könnten. Er sei froh, dass die Landeskirchen die demokratischen Prinzipien teilen und Entscheide nicht von Einzelpersonen durchgeboxt werden können.

Judith Pörksen Roder, Synodalratspräsidentin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, verglich das 40-Jahre-Jubiläum mit dem 40jährigen Weg des Volkes Israel durch die Wüste ins gelobte Land. 2017 habe man 500 Jahre Reformation und 600 Jahre Bruder Klaus gefeiert. Die damaligen Spitzen der Berner Kirchen – reformiert, katholisch und christkatholisch – seien vom Flüeli Ranft ins Berner Münster gepilgert. Man habe damals ein Zeichen setzen wollen, «dass die verschiedenen Kirchen gemeinsam unterwegs sind, gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit angehen wollen.» Sie überreichte ihrer katholischen Kollegin einen Sandstein aus dem Mauerwerk des Berner Münsters. Schwer sei dieser, «genauso wie auch die kirchlichen Strukturen halt sind».

Für das Bistum Basel sprach Regionalverantwortliche Edith Rey Kühntopf ein Grusswort. Die Katholik:innen im Kanton Bern hätten vor 40 Jahren keine Synode gründen müssen. Man wollte jedoch, so Edith Rey, nicht stehen bleiben, suchte neue Wege. Initiative Menschen stiessen Prozesse und Entwicklungen an. Das sorge immer auch wieder für Widerstand. Das Bistum aber sei gerne bereit, diesen Weg gemeinsam mitzugehen. Das Volk Israel habe das gelobte Land erreicht, dort wo Milch und Honig fliessen. Sie mussten ihren Platz finden, sesshaft werden. Sie kamen an, es sei aber kein Schlusspunkt gewesen. Die Geschichte gehe weiter. Die Landeskirche sei angekommen, sei etabliert, die Geschichte aber gehe weiter, es gebe kein Ausruhen. Die Honigtöpfe seien nicht leer, «sie sind gut gefüllt, dank Kirchgemeinden, Steuererträgen, Kantonsbeiträgen. Das tut gut zu wissen.»

Symbolisch überreichte sie den Verantwortlichen der Landeskirche grosse Honiggläser. Diese sollen die Honigtöpfe «öffnen, teilen, sorgfältig und wohlbedacht, aber auch grosszügig, damit sich viele am Honig laben können».

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