Zum Schieben werden Helfer*innen gesucht. Foto: Atelier für Sonderaufgaben

«Zehn Gebote» wandern per Schubkarren nach Bern

Das Kunstwerk findet Asyl im «Museum für Kommunikation»

Die «Zehn Gebote Vol. 2» der Künstler Frank und Patrik Riklin werden im Berner Museum für Kommunikation ausgestellt. Dazu werden die tonnenschweren Steinplatten zu Fuss mit Schubkarren von Zürich nach Bern gebracht. Für die Aktion werden Helfer*innen gesucht.

Von Sylvia Stam

Beim Kunstwerk handelt es sich um eine Installation, die 2020 neben der Kathedrale St. Gallen ihren Anfang nahm. In einer Live-Performance meisselten die Brüder Riklin im Beisein von Zuschauer*innen ihre «Zehn Gebote, Vol. 2» (siehe Infobox unten) in zehn Sandsteintafeln, heisst es auf der Website der Blockchain-Firma «fyooz», das die Aktion mitlanciert hat. «Schaffe neue Realitäten und lasse sie Wirklichkeit werden» lautet etwa das fünfte Gebot in deutscher Übersetzung.

Das Werk sei als «sinnhafter Kompass für die Gesellschaft der Zukunft» zu verstehen, schrieben Frank und Patrik Riklin dazu laut SDA. Die Platten wurden in Zürich ohne Bewilligung im Schanzengraben versenkt und mussten daher wieder aus dem Wasser entfernt werden.

Die Zwillingsbrüder hätten daraufhin öffentlich «Kunstasyl» gesucht. Von 25 Bewerbungen habe das Berner Museum für Kommunikation den Zuschlag erhalten, wie das Museum mitteilt.

«Zu nachhaltigem Denken anregen»

Die Aktion sei der Auftakt zum neusten Projekt des Museums für Kommunikation: Unter dem Titel «Planetopia – Raum für Weltwandel» befasst sich dieses in den nächsten zwei Jahren mit der ökologischen Krise und will «neue Perspektiven zu diesem grössten Kraftakt der Gegenwart vermitteln.» Laut Mitteilung des Museum sollen die Zehn Gebote der Riklin-Brüder zu «nachhaltigem Denken und Handeln anregen».

«Fyooz» hält demgegenüber auf seiner Website fest, dass es sich bei den zehn Sätzen um die DNA des Unternehmens handle. Auch Frank Riklin sagte gegenüber kath.ch, die neuen Zehn Gebote seien ein Destillat der letzten zehn Jahre: Thesen, mit welchen sie ihr eigenes Streben, ihre eigene Ausrichtung, die eigene Arbeitsweise umschreiben.

Kein biblischer Bezug erkennbar

Die Riklin-Brüder seien «sehr christlich erzogen worden», wie sie gegenüber kath.ch sagten. Dennoch erinnert die Aktion laut der Luzerner Theologin Veronika Bachmann «nur oberflächlich an eine diffuse Vorstellung von ‹Zehn Grundregeln›». Die Dozentin für Altes Testament und Bibeldidaktik am Religionspädagogischen Institut der Theologischen Fakultät Luzern schreibt in einem Gastbeitrag für kath.ch: «Eine tiefere inhaltliche Auseinandersetzung mit den traditionellen Zehn Geboten, die sich von der Bibel ableiten (Exodus 20,2-17 und Deuteronomium 5,6-21), ist nicht erkennbar, weder abgrenzend noch anknüpfend.»

Auch bei den Steinblöcken gehe die Kunstaktion sehr assoziativ mit der traditionellen Vorstellung um. Denn traditionellerweise würden die Zehn Gebote auf zwei Steintafeln dargestellt. «Jedem Gebot eine eigene Tafel zu widmen, wäre im Alten Orient eine Ressourcenverschwendung gewesen», so Bachmann.

Helfer*innen gesucht

Genau dies aber haben die Brüder Riklin getan. Nun sollen diese zehn Steinplatten in zehn Tagen zu Fuss und mit Schubkarren die 100 km von Zürich nach Bern geschoben werden. Dazu sucht das Museum Helfer*innen: «Pro Tagesstrecke werden 20 Gebots-Schieberinnen und Gebots-Schieber gesucht, die sich gegenseitig entlasten können. Nach oben gibt es keine Grenzen, es können auch 30, 50 oder 100 Menschen mitschieben», teilt das Museum für Kommunikation mit.

Interessierte können sich beim «Atelier für Sonderaufgaben» der Brüder Riklin melden unter: 078 732 63 14.

Die Zehn Gebote Vol. 2

I. Glaube an die Dringlichkeit deiner Gedanken
II. Vertraue dem Verrückten und hinterfrage das Gewöhnliche
III. Brich ein, damit andere ausbrechen können
IV. Wage dich in neue Gebiete vor und überrasche dich selbst
V. Schaffe neue Realitäten und lass sie Wirklichkeit werden
VI. Sei überzeugt – und du wirst keinen Mut brauchen
VII. Ertrage Kritik, da sie den Diskurs antreibt
VIII. Akzeptiere Antagonismus – es ist ein Zeichen dafür, dass etwas Neues geschieht
IX. Suche nicht nach Kunden, finde Komplizen
X. Halte Prozesse am Laufen, auch wenn sie scheinbar enden

(Übersetzung aus dem Englischen/kath.ch)

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