Zeit, etwas für die Schöpfung zu tun

«Are Religions becoming Green?» Interview mit Studien-Co-Autor Fabian Huber, Uni Basel

Unter dem Motto Schöpfungszeit führen die Landeskirchen im September Aktionen rund ums Thema Umwelt durch. Wie sieht es im restlichen Jahr aus? Eine Studie geht dem konkreten Engagement der Religionsgemeinschaften nach – Fabian Huber, Co-Autor der Studie, im Interview.

Interview: Sabrina Durante

Wie engagieren sich die Kirchen für den Umweltschutz? Dieser Frage geht das Team von Prof. Dr. Jens Köhrsen am Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik (ZRWP) der Universität Basel nach. In der Studie «Urban Green Religions» führte es in vier deutschen und Schweizer Städten Interviews mit Personen aus diversen Religionsgemeinschaften durch (den Landeskirchen, Freikirchen, muslimische, jüdische, buddhistische und hinduistische Gemeinschaften). Darüber hinaus befragte das Team Personen, die sich im Umweltbereich engagieren.

«pfarrblatt»: Ist das Bewusstsein für die Klimakrise bei den Religionsgemeinschaften angekommen?

Fabian Huber: Ja, und zwar quer über alle Religionen hinweg. Bei unseren Gesprächen haben alle Personen betont, wie wichtig eine intakte Umwelt ist, und auch den Bezug zwischen Religion und Umweltschutz aus Passagen aus der Bibel, aus dem Koran oder weiteren religiösen Schriften hergestellt.

Bewusstsein und Wille sind also vorhanden – wie sieht es mit der konkreten Umsetzung aus?

Finanzielle Faktoren spielen eine wichtige Rolle, und hier zeigen sich auch die grössten Unterschiede zwischen den Landeskirchen und den übrigen Gemeinschaften. Während die Landeskirchen auch dank der Kirchensteuer über grössere Ressourcen verfügen, ist der Bereich des nachhaltigen Wandels für die kleineren Religionsgemeinschaften ein Luxus-Thema. Zuerst muss die Miete der Räumlichkeiten und die religiöse Grundversorgung der Mitglieder gesichert sein, bevor sie sich um den Klimaschutz kümmern können.

Und bei den Landeskirchen?

Hier ist der ökumenische Verein Oeku - Kirchen für die Umwelt - sicher an erster Stelle zu nennen. Oeku bietet seit über 20 Jahren Hand an, damit Kirchen grüner werden, etwa mit Kursen und Lehrgängen in Umweltmanagement. Der Monat September steht bei Oeku seit Jahren im Zeichen der Umwelt: dann findet die Kampagne «Schöpfungszeit» statt. Der Verein hat auch das Label «Grüner Güggel» ins Leben gerufen: Kirchen, die sich zertifizieren, verpflichten sich, ihre Gebäude nachhaltig zu sanieren und ihren Energieverbrauch zu senken. Allerdings stehen viele Gotteshäuser unter Denkmalschutz, was wiederum besondere Auflagen mit sich bringt: so ist es etwa oftmals nicht möglich, Solar-Panels zu verwenden.

Wo besteht noch Potenzial?

Neben den finanziellen sind sicher auch die personellen Ressourcen ein Thema. Viele Mitarbeitende engagieren sich aus einer intrinsischen Motivation heraus für Umweltthemen, zusätzlich zu ihrem angestammten Aufgabengebiet. Diese wünschen sich auch eine vermehrte Zusammenarbeit mit Gruppierungen aus der Klima- oder Umweltbewegung.

Wie hat sich die Haltung der Religionsgemeinschaften zu Umweltthemen in den letzten Jahren verändert?

Bereits in den 80er Jahren ist in Vancouver die ökumenische Bewegung «Care for creation» ins Leben gerufen worden. 2015 dann bekam das Thema durch die Enzyklika «Laudato Sì» von Papst Franziskus neuen Aufschwung. Am letzten Klimastreik schliesslich haben über 100 Kirchen in der Schweiz symbolisch ihre Uhren auf fünf vor zwölf gestellt. Im vergangenen Jahr hatten zudem viele kirchliche Mitarbeitende Corona-bedingt eher Zeit, um sich spezifisch weiterzubilden. Hier werden sicher noch einige Initiativen und Veränderungen ins Rollen kommen.

Ist das Umweltengagement auch ein Mittel, um neue Menschen in die Kirche zu bringen?

Das ist zwar kein offizielles Ziel, aber in einer Zeit, in der die Kirchen mit Mitgliederschwund kämpfen, ist das sicher ein willkommener Nebeneffekt. Die Landeskirchen wollen schliesslich die gesamte Bevölkerung abbilden und greifen daher auch Themen auf, die in der Gesellschaft – allen voran bei den jungen Menschen – eine zentrale Rolle spielen.


Infos zur Studie und zum Folgeprojekt «Are Religions becoming Green?»
Infos, Veranstaltungen und Materialien zur Schöpfungszeit

 

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