Von Nada Müller, Religionspädagogin RPI, Bibliodramaleiterin

Die biblischen Geschichten sind vielschichtig. Entstanden über zwei Jahrtausende berichten sie von Glaubenserfahrungen, von der Beziehung der Menschen zu Gott. Sie zu erschliessen, ist eine Herausforderung, die mir Freude bereitet, besonders, wenn ich dies zusammen mit anderen in einer Gruppe oder mit Schüler*innen im Unterricht tun kann. Ich möchte, dass diese motivierenden, hoffnungsschenkenden und lebensbejahenden Erzählungen der Bibel nicht als «altbacken» erfahren werden, sondern als Geschichten, die mit unserem Leben zu tun haben. Dass sie im Hier und Jetzt, im gesellschaftlichen Kontext, in dem wir leben, von Bedeutung sind.

Mit dem Bibliodrama habe ich einen Weg gefunden, der den Zugang zu den biblischen Texten auf persönliche Art ermöglicht. Da, wo es möglich ist (Unterricht, Erwachsenenbildung oder Liturgie), wende ich das Bibliodrama oder kleinere Formen davon an. Das Bibliodrama ist eine erfahrungsbezogene Bibelarbeit, ein Instrument, das eine Verbindung zwischen dem Bibeltext und dem eigenen Leben ermöglicht. Es schafft einen ganzheitlichen, individuellen Zugang zu den biblischen Erzählungen.

In einem ersten Schritt wird der biblische Text in einem Raum verortet. Das Geschehen, die biblischen Figuren und Symbole werden sichtbar und begehbar gemacht. In einem weiteren Schritt schlüpfen die Teilnehmer*innen in die Rolle einer biblischen Person und identifizieren sich mit ihr und deren Situation. Somit werden eine biblische Figur, ein Symbol oder ein Ort zur Brücke, die den biblischen Text mit der eigenen Lebensgeschichte verbindet. Mittendrin im Bibliodrama-Spiel reflektieren die Teilnehmer*innen das Geschehen und seine Wirkung auf sich. Sie gehen Fragen auf den Grund wie: Was berührt mich? Was ärgert mich? Was spricht mich an, und was wirft noch mehr Fragen auf? In der Interaktion mit den anderen biblischen Personen und Situationen werden neue Glaubenserfahrungen ermöglicht.

Ziel des Bibliodramas ist es nicht, dass textgetreu gespielt wird, sondern durch die Identifikation mit der Rolle existenzielle Glaubenserfahrungen zu machen und diese zur Sprache zu bringen. Oft erzählen die Teilnehmenden, dass das Erfahrene sie auch Tage danach noch beschäftigt; dass sie mit den Gedanken und Empfindungen noch lange unterwegs sind und sich mit dem Erfahrenen intensiv auseinandersetzen. Manchmal tritt Erstaunen auf, weil der Text anders erfahren wird, als er bisher wahrgenommen worden ist. Der begonnene, spirituelle Prozess, der im Bibliodrama ermöglicht wurde, geht und trägt im Alltag weiter.

Monatliches Bibliodrama
«Bibel nach 7» im Pfarreizentrum Münsingen am Löwenmattweg 29: jeweils am Mittwoch, 16. September, 11. November und 9. Dezember um 19.30. Infos und Kontakt: Nada Müller, nada.mueller@kathbern.ch, 079 453 22 10.

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