Die Rede von Kardinal Mario Grech löst Irritaion aus. Foto: Stefan Maurer

Weltkirche prallt in Bern auf Schweizer Kirche

Kardinal Mario Grech besucht die Schweizer Kirche

Hoher Besuch aus Rom in der Schweiz: Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der weltweiten Bischofssynode, kam nach Bern, um über Synodalität zu sprechen. Beim Austausch wurde spürbar, wie weit die Weltkirche von den Anliegen der Schweizer Kirche entfernt ist.

Text: Sylvia Stam

Die Eingangsrede von Kardinal Grech überrascht: «Ich würde lieber über Mission sprechen als über Synodalität». Und tatsächlich spricht er vor rund 60 Vertreter:innen der Katholischen Kirche Schweiz viel von «Feuer», «Mission» und «Evangelisation», während die Rede gemäss Programm übertitelt ist mit «Warum Synodalität?».

«Eine synodale Kirche ist eine Kirche mit Einsatz für die Mission», so Grech. Letzteres bedeute: «Den Menschen helfen, Jesus zu begegnen, mit Jesus in Kontakt zu treten.» Geführt werden soll dieser Prozess durch den Heiligen Geist. Von diesem war in Grechs Ansprache viel die Rede. Synodalität bedeute, «dass der Heilige Geist präsent ist in allen Getauften».

Wenig Bezug zur Kirche Schweiz

Dennoch ist für den Generalsekretär der Weltsynode klar: «Es gibt keine synodale Kirche ohne einen Bischof», und der Prozess verlaufe «unter der Leitung der Priesterschaft». Denn Aufgabe der Bischöfe sei es, «der Gemeinde zu helfen, die Stimme Gottes zu unterscheiden.»  

Die Rede stösst bei den Teilnehmenden auf unterschiedliche Resonanz. «Für jeden Schritt, den wir in diesem Prozess machen, ist es unabdingbar wichtig, dass wir den Blick auf das Zentrum, Jesus Christus, nicht verlieren», erläutert Marie-Louise Beyeler, Präsidentin des Berner Landeskirchenrats, Grechs Rede von der Evangelisation.  Luc Humbel, Präsident der Katholischen Landeskirche Aargau, ist eher ernüchtert, «weil die Rede wenig Bezug hatte zu dem, wie wir als Kirche Schweiz unterwegs sind.»

Plädoyer für Gleichberechtigung

Wie gross die Kluft zwischen Grechs Worten und den brennenden Fragen der Schweizer Kirchenvertreter:innen ist, wird am Nachmittag deutlich. Sechs Vertreter:innen der Schweizer Kirche erzählen Kardinal Grech, wie das duale System in der katholischen Kirche Schweiz funktioniert, was der Synodale Prozess von direkter Demokratie lernen kann und warum die Gleichberechtigung von Frauen drängt.

Das Plädoyer für die Teilhabe von Frauen an Diensten, Ämtern und Entscheidungsprozessen, eindringlich vorgebracht von Priorin Irene Gassmann, beantwortet der Kardinal mit dem Hinweis, die Kirche müsse «tiefgreifend theologisch nachdenken, wie wir Räume schaffen für den Beitrag, den Frauen der Kirche bringen können». Ein Votum, das Melanie Hürlimann, Geschäftsstellenleiterin der Vereinigung der Katholischen Kirchgemeinden des Kantons Zug, zu einer Rückfrage provoziert: «Wie legitimiert die Kirche, Frauen von bestimmten Ämtern auszuschliessen?» Doch auch hierauf antwortet Grech lediglich: «Wir brauchen theologische Argumente.»

Kardinal vermisst Spiritualität

Urs Brosi, Generalsekretär der RKZ, erklärt in seinem Statemnet, wie Föderalismus, Konkordanzdemokratie und direkte Demokratie in der Schweiz funktionieren. Markus Büchel, Bischof von St. Gallen, spricht gar von der «supersynodalen» Schweizer Kirche. Er brauche mehr als einen Nachmittag, um die Synodalität der Schweizer Kirche auch zu verstehen, entgegnet Grech mit einem Schmunzeln. Insgesamt «vermisse ich in den Statements, die ich heute gehört habe, die Spiritualität», schliesst der römische Kardinal den Bogen zu seiner Eingangsrede.

Dass er damit den Anwesenden das «Katholisch-Sein» quasi abspricht, kommt nicht bei allen gut an. «Das hat mich persönlich verletzt», sagt Renata Asal-Steger, Luzerner Synodalrätin. «Das Feuer, von dem er immer sprach, das in uns brennen soll, hat er uns ein Stück weit abgesprochen.» Eva-Maria Faber, Rektorin der Theologischen Hochschule Chur, hat «ein würdigender Blick gefehlt, auf das, was als unser Beitrag zu einer synodalen Kirche zur Sprache kam.» Sie hat «Wertungen und Zurechtweisungen gehört, so als sei es zu wenig spirituell, strukturelle Fragen und auch die wahrgenommenen Probleme zu thematisieren. Das macht mich traurig.»

Bischof Gmür dankte Grech abschliessend für sein Kommen. «Du hast gehört, was uns unter den Nägeln brennt. Auf diese Fragen brauchen wir Antworten!»

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