Sie leben in verschiedenen Ländern im südlichen Afrika und wurden einst abschätzig als "Jäger und Sammler" und als "Buschmänner" bezeichnet. Doch das Volk der San kann dank seines naturnahen Lebensstils wohl seit Jahrtausenden in einer unwirtlichen Umgebung leben. Die Katholische Kirche Region Bern unterstützte 2019 eine San-Community in Platfontein in Südafrika.
Zur schrecklichen Geschichte der Sklaverei gehört, dass afrikanische Herrscher einheimische Menschen jagen liessen, um diese zu verkaufen. Mit dieser Unterstützung konnten die europäischen Kolonisatoren während Jahrhunderten viele Millionen von Menschen verschleppen und für die Zwangsarbeit in die Amerikas verschiffen. Betroffen davon war auch das Volk der San, die Menschen des Dornbusches und der Wüsten. Ihre reiche Kultur reicht zurück zu den Anfängen der Menschheit - ihr Erbgut ist in jeder lebenden Menschen-Population auf der Erde zu finden.
Die San hatten unter vielen verschiedenen Mächten zu leiden, von den Holländern über die Portugiesen bis zum britischen Weltreich. Auch andere afrikanische Völker aus dem Nordosten und Zentralafrika bedrängten die San im südlichen Afrika. Im 20. Jahrhundert folgten die deutsche Kolonie Südwestafrika und das Apartheid-Regime in Südafrika - auch der mittlerweile regierende African National Congress (ANC), der das Südafrika seit der Befreiung regiert, nimmt die Rechte der San weiterhin nicht ernst. Während der weissen Herrschaft durch Rassentrennung wurden bis in die 1980er-Jahre viele San im Buschkrieg als Fährtenleser und Spurensucher im Kampf gegen die SWAPO-Freiheitskämpfer eingesetzt und missbraucht, oft schlicht bezahlt mit Alkohol. In der Folge mussten etliche Gemeinschaften nach Südafrika umgesiedelt werden. Heute leben die San vor allem in Namibia, Botswana und Südafrika.
Die San von Platfontein
Im Norden von Kapstadt lebt in Platfontein ebenfalls eine San-Gemeinschaft, die vor Kolonialismus, Hass und anderen afrikanischen Völkern geflohen ist. In Reservate wie Platfontein wurden sie abgedrängt, verachtet und vergessen. Es ist eine Region ohne wirtschaftliche Perspektiven. Der Alkoholismus grassiert mit schlimmen Folgen für Familien und insbesondere für die Kinder. Grosse Armut und eine desolate soziale Situation prägen Platfontein, das unweit der Stadt Kimberly liegt, dem berühmten Ort von dem die Diamanten stammen, die so viele Wohlhabende und Berühmte schmücken.
Die jahrhundertelange Fremdherrschaft haben dieses Volk und seine Kultur geschwächt - den Menschen mangelt es an Selbstbewusstsein, Selbstdisziplin und Zusammenhalt. Der südafrikanische Staat versuchte ihre Identitätskrise zu lösen, indem für das Volk ein Königtum eingeführt wurde, eine rein zeremonielle Struktur ohne Bedeutung und Wirkung.
Die Menschen in Platfontein fühlen sich vernachlässigt und als Belästigung für die Regierung von Südafrika. Sie wurden quasi auf einem Stück Land abgestellt und dann vergessen. Bei einem Besuch konstatierte ein lokaler Regierungsbeamter gegenüber dem Schweizer Botschafter: "Wir haben Schwierigkeiten, ihre Kultur zu verstehen und wissen wirklich nicht, was wir mit ihnen anfangen sollen."
Lokale Kultur und Wirtschaft entwickeln
Die San in Platfontein verfügen zwar über eine Grundversorgung wie ein Krankenhaus und eine Schule, aber das Problem ist der Mangel an wirklich sinnvoller Unterstützung und Respekt. Ihnen fehlen die Fähigkeiten für den Umgang mit der modernen Welt. Die Jugendlichen sind vernachlässigt, die Älteren grösstenteils Analphabeten und in ihrer traditionellen Kultur gefangen. Wie soll so das moderne Leben gemeistert werden? Wie können in dem Elend die Anforderungen einer komplexen Gesellschaft bewältigt werden? So verdingen sich die San für einfachste Arbeiten, einige Monate im Jahr für Farmer, die sie abholen kommen und dann wieder zurückschicken, wo das erhaltene Geld in einem Monat aufgebraucht wird, meist für Alkohol.
Um aus diesem traurigen Zustand herauszufinden, begannen die Leute des lokalen Entwicklungszentrums Hilltop aus der östlichen Kapregion in Platfontein neue Ansätze, um junge Leute auszubilden. Das Projekt konzentriert sich auf die Vermittlung von Fähigkeiten, welche individuell und für die Gemeinschaft die Entwicklung einer sinnvollen Zukunft ermöglichen sollen. Dazu gehören beispielsweise Ausbildungen am Computer oder verschiedenen Handwerken. Gleichzeitig werden die San in ihrer einzigartigen Kultur gestärkt. Sie ist ein Reichtum für die Menschheit, den es neu zu erkennen und zu würdigen gilt.
Die Katholische Kirche Region Bern unterstützt jedes Jahr gut zwei Dutzend Entwicklungsprojekte in verschiedensten Ländern des globalen Südens - das Jahresbudget dafür beträgt zurzeit insgesamt 500'000 Franken. Die Projekte werden von einer Fachkommission für "Entwicklung und Mission" geprüft. 2019 bewilligte der Kleine Kirchenrat für das Entwicklungsprojekt der San-Gemeinschaft in Platfontein 15'000 Franken. Im Mittelpunkt stehen Bildungsprogramme etwa zum Computereinsatz, die Förderung unternehmerischer Fähigkeiten und Initiativen, die Akzeptanz der San-Handwerkskunst und Traditionen als einzigartiges Merkmal. Eine junge Hoffnungsgeschichte für ein uraltes menschliches Volk.
Text: Rommel Roberts und Karl Johannes Rechsteiner
Fotos: Urs Poltera