Blockflötenunterricht. Foto: Larte Manaus

Kultur im ­Herzen des Amazonas

Ein exemplarisches Projekt in Manaus, unterstützt von der Berner Kirche

Die Katholische Kirche Region Bern unterstützt laufend Entwicklungsprojekte in benachteiligten Regionen der Welt, die einen Bezug zu Katholisch-Bern haben. Jedes Jahr erhalten zwei Dutzend Programme in Afrika, Asien und Lateinamerika Fördergelder. Zum Beispiel «Larte Manaus», ein Quartier- und Kulturzentrum in Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas.

Von Karl Johannes Rechsteiner

Wenn in Schweizer Medien über den Amazonas berichtet wird, sind es Berichte von Krisen, Katastrophen und Korruption: Die Abholzung des Urwaldes, das Leid der indigenen Bevölkerung, Spitäler während Corona ohne Sauerstoff, Abfallberge, Kriminalität usw. Doch es gäbe auch positive Geschichten – das Ehepaar Bete und Wolfgang Böhler aus Ittigen kann davon erzählen. Der Chorleiter war einst in der katholischen Jugendarbeit in Bern engagiert; heute steht Brasilien im Mittelpunkt. Vor gut drei Jahren begann der Aufbau des «Centro Cultural Larte Manaus». Wolfgang Böhler freut sich über das Kulturzentrum: «Ich bin überrascht, wie gut sich die Idee entwickelt.» Er schwärmt von der kompetenten Leitung, von hoch motivierten Kindern, von der wachsenden Zahl an Kursen, von bunten Quartierfesten, von der Zusammenarbeit mit Schulen, Unis und dem lokalen Gewerbe oder vom ersten Poetry-Slam …

Unscheinbar erfolgreich

Der Amazonas-Urwald ist üppig, aber verletzlich in seiner enormen Vielfalt. Am Rio Negro liegt die Metropole Manaus, Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas: Mit über zwei Millionen Einwohner:innen so schnell wachsend, dass keine Stadtplanung möglich ist. Die Stadt hat eine reiche Geschichte als portugiesische Kolonie, samt Sklaverei und Unterdrückung der indigenen Bevölkerung. Früher boomte die Kautschuk-Produktion, heute türmen sich wirtschaftliche wie ökologische Probleme mit der Abholzung des Urwaldes und rücksichtslosen Goldsucher:innen, die den Amazonas verwüsten. Manaus ist zudem ein Hotspot des Drogengeschäfts.

Mittendrin ist «Larte Manaus» daheim, in einem unscheinbaren Wohnhaus im unterprivilegierten Quartier Japiim. Es grenzt an eine rote Zone, wo sich keine Behörde hin traut, weil der Stadtteil von Kriminellen kontrolliert wird. So ist auch das Kreativzentrum nur bescheiden eingerichtet, um nicht aufzufallen – im weltanschaulich und religiös neutralen Projekt gibt’s kein Vermögen zu holen. Aber die sieben Räume des Gebäudes vermögen unterschiedliche Menschen anzulocken. Die Eltern sind froh, wenn Kinder und Jugendlichen hier eine Alternative zu kriminellen Banden erleben. Sie lernen Gitarre, Flöte oder Perkussion spielen, spielen Theater oder treten mit der Brassband auf. Hyperaktive und kreative Buben und Mädchen werden aufgefangen.

Zerrissene Gesellschaft ­überwinden

«Larte Manaus» ist auch ein Versöhnungsprojekt. Es bringt Angehörige aller politischen Richtungen oder Religionen zusammen, um die ­tiefen Gräben in der brasilianischen Gesellschaft zu überbrücken. Schon nach kurzer Zeit wird das Zentrum im Quartier geschätzt. Integriert werden auch die oft schamlos ausgebeute-ten ­in­digenen Kulturschaffenden. Wenn das Haus­ensemble «Manacanto» in der Schweiz auf Tournee geht, verkaufen die Musiker auch T-Shirts, designt von indigenen Künstlerinnen und Künstlern, die so einen Zustupf verdienen, ohne Gefälligkeiten eingehen zu müssen.

«Ein hervorragendes Projekt», kommentiert auch Pater Martin James Laumann von der lokalen Pfarrei. Entscheidend sei dabei der Modellcharakter. «In einer problematischen Umwelt schafft ‹Larte Manaus› neue Perspektiven», weiss Wolfgang Böhler. Seine brasilianische Gruppe «Manacanto» spielt bis anfangs August diverse Konzerte, zum Beispiel im Offenen Haus «La Prairie» in der Berner Dreifaltigkeitspfarrei. Es sind andere Musiker:innen dabei als vor drei Jahren. Denn das Kulturzentrum ist auch ein Sprungbrett – der Flötist hat mittlerweile eine fixe Anstellung beim lokalen Sinfonieorchester gefunden.

Inspirierende Musik mit «Manacanto»

Musiker vom Kulturzentrum in Manaus besuchen diesen Sommer die Schweiz: Gitarrist Antonio Henn spielt mit Daniel Marcos an Klarinette und Flöte und Marlon Moraes an der Perkussion. Sie bilden das Hausensemble von «Larte Manaus». Die gemeinsame Combo mit dem Chorleiter und Musikpsychologen Wolfgang Böhler aus Ittigen am Klavier heisst «Manacanto». Dazu gehört auch seine Frau Bete Böhler – sie war Radiomoderatorin in Manaus, bevor sie die Liebe in die Schweiz führte; auf der Tournee rezitiert sie Poesie aus dem Amazonas.

Die Konzerte sind geprägt von Bossa Nova, Choro, Jazz, Walzer, Tango und gar Einflüssen der Schweizer Folklore. Die vielfältige Musik des Amazonas versammelt Melodien und Rhythmen diverser Stile und Epochen. Auftritte im Bernbiet:

  • Do, 28. Juli, 19.30 Uhr: Kirche St. Stephan
  • So, 31. Juli, ab 15.00 Uhr: La Prairie in Bern, im Pfarreizentrum Dreifaltigkeit mit brasilianischem Essen und Verkauf von Kunsthandwerk, Benefizanlass zugunsten von cooperaxion.org
  • Mi, 10. August, 12.30 Uhr: Offene Kirche in der Heiliggeistkirche in Bern
  • Mittwoch, 10. August, ab 18.00 Uhr: Niederwangen

Tournee 2022 – Manacanto

www.larte-manaus.org

www.kathbern.ch/global 

 

 

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